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Atelier Wilinski - Die Reise – 2011

098 Top Top 099 paare suchen jedes Jahr ihr altes Nest wieder auf.“ Genügend Futter finden sie auf den Feuchtwiesen. Kein Wun- der, denn die Störche sind nicht wähle- risch: „Sie fressen alles, was die Saison zu bieten hat und zu überwältigen ist“, schmunzelt Markowski. Einige Schritte weiter fallen uns Graugänse auf, die auf einer Wiese herumstolzieren. Als wir näher kommen, flattert der Trupp auf und zieht in einer beeindruckenden Formation von dannen. Im Auenwald raschelt´s und klingt´s So langsam schärft sich auch das Ge- hör für die Laute, die aus dem Auen- wald ertönen. Denn im Geäst herrscht reger Betrieb. Aus dem Unterholz ist der melodische Gesang der Nachti- gall zu vernehmen, im Laub der gros- sen Bäume ruft der Pirol mit einem flötenartigen Ton – er ist als Kurzur- lauber von Ende Mai bis August in den Rheinauen unterwegs. Teich- und Sumpfrohrsänger turnen im Schilf- dickicht wie Akrobaten herum. Über den Baumwipfeln zieht der Schwarzmi- lan seine Kreise. Graureiher und Kor- morane gehen im seichten Wasser auf die Jagd nach Fischen. „Insgesamt wur- den hier bislang über 300 verschiede- ne Vogelarten nachgewiesen, darunter auch seltene Exemplare wie etwa die Pfuhlschnepfe, die 11000 Kilometer am Stück fliegen kann, oder der Flussre- genpfeifer“, erläutert Markowski. Auch Samtenten und Eistaucher – nordische Meeresvögel – sind im Winter zu Gast. Und bei niedrigem Wasserstand finden sich zahlreiche, gefiederte Freunde ein, die sonst nur im Wattenmeer zuhause sind. Witzig: das Nest der Beutelmeise, ein kleines Kunstwerk aus Pappelwolle und Weidenhaaren. Wo Kormorane und Reiher „tünchen“ In einer Wegbiegung stoßen wir auf die Überreste der Hindenburgbrücke, der einstigen Rheinbrücke zwischen Rü- desheim und Bingen-Kempten, benannt seit 1918 nach dem Generalfeldmar- schall und späteren Reichspräsiden- ten Paul von Hindenburg. Die 1915 in Betrieb genommene Eisenbahnbrücke wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und danach nicht wiederaufgebaut. Inzwischen ist die imposante Ruine von der Vegetation überwuchert. Wir lassen das Bauwerk rechts liegen und laufen auf das Rheinufer zu. Dort er- blicken wir in der Mitte des Rheins die Rüdesheimer Aue. Bis in die 1970er- Jahre wurde sie intensiv für die Land- wirtschaft genutzt, Obst- und Gemüse- felder prägten das Gesicht der kleinen Insel. Nach einer erfolgreichen Ul- menaufforstung kann sich nun wieder ein natürlicher Hart- und Weichholz- auenwald entwickeln. Was sofort ins Auge fällt: Die Bäume sind weiß „ge- tüncht“ und schimmern in der Sonne. „Das ist der Kot, den die Kormorane und Graureiher hinterlassen, die dort brüten“, nennt Markowski die Verursa- cher dieses ungewöhnlichen Anblicks beim Namen. Auf der weiteren Strecke macht der Mainzer immer wieder auf die Pflanzen und Bäume aufmerksam, die sich im Laufe der Jahre in den Überschwemmungsbereichen angesie- delt haben – Überlebenskünstler, die auf den Wechsel von Hochwasser und Trockenzeiten angewiesen sind. Der Frosch hat heute frei Darunter auch der stark gefährdete langblättrige Ehrenpreis, der für wech- selfeuchte Wiesen charakteristisch ist. Doch nicht alle Pflanzen pflegen das friedliche Miteinander. An einigen Stellen etwa macht sich die kanadische Goldrute breit. „Der Mensch hat sie he- reingebracht, und nun haben wir das Problem, dass sie die anderen Pflanzen verdrängt“, führt der Diplom-Biologe ein Beispiel an. Weitere Informationen gibt es auf Tafeln, die an ausgesuchten Stellen angebracht sind. An einigen Sta- tionen kann der Besucher selbst entde- cken und erforschen, unter anderem den Klang der typischen Holzarten in den Rheinauen. Einem Bewohner des Naturschutzgebietes begegnen wir an diesem Tag nicht: dem Laubfrosch. In- dikator für eine intakte Auenlandschaft und nahezu ausgestorben. Eine klei- ne Restpopulation findet hier Hecken und Gehölze, in denen die Frösche auf Nahrungssuche gehen. Doch die An- siedlung des Quäkers soll weiter for- ciert werden. Mit der Initiative „Frosch schützt Frösche“ setzen sich Nabu und das Mainzer Unternehmen Werner & Mertz gemeinsam für die Rückkehr des grünen Gesellen ein. Was tropft denn da ständig auf meine Arme? Markow- ski lacht und entlarvt den Schlingel als Weidenschaumzikade, deren Larve fleißig an einem Schaumnest baut und zu diesem Zwecke die Weide aussaugt. Wird das Nest zu schwer, fallen die Tropfen herab. Plötzlich taucht vor uns eine Frau auf, ihr Hund springt frei he- rum und hat gerade ein Bad im Rhein genommen. Freundlich macht Markow- ski die Halterin darauf aufmerksam, dass Hunde angeleint werden müssen. Störfall Mensch Die junge Dame folgt der Aufforderung sofort. Auch ein Paar, das auf einer Wiese gerade das Schlauchboot auf- pumpt, klärt der Naturführer auf, dass diese Art der Freizeitgestaltung nicht gestattet ist. Einschreiten können die Naturschützer nicht, lediglich an die Vernunft der Besucher appellieren. Zu- rück im Naturschutzzentrum geht der Leiter des Zentrums, Robert Egeling, näher auf die Problematik ein. Seit Jah- ren beobachtet er mit Sorge eine vehe- mente Zunahme der Störungen durch Besucher in den Naturschutzgebieten. Radler und Hundebesitzer, die sich nicht an die Regeln halten, Bootsfahrer, die verbotenerweise an den Inseln an- legen, Angler, die in die empfindlichen Uferbereiche eindringen. „Die Vögel ha- ben das Nachsehen, fühlen sich gestört und kommen nicht mehr zum Brüten“, schildert er die Folgen. „Das Nest des Flussregenpfeifers ist eine einfache Mulde im Kiesufer. Wenn zu viele Men- schen das Areal bevölkern, geben sie ihr Gelege einfach auf.“ Um solchen Auswirkungen schon im Vorfeld zu be- gegnen, wurde vor fünf Jahren der „Au- enservice“ ins Leben gerufen. „Damit versuchen wir, die Besucherströme zu lenken“, so der Leiter des Nabu-Zen- trums. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad sind die Naturschützer in den Gebieten Fulder Aue – Ilmen Aue (Bingen), Sand- lache (Ingelheim), Königsklinger – Ha- deraue (Heidesheim/Budenheim) und am Mombacher Rheinufer unterwegs, um zu informieren und auf die Bestim- mungen hinzuweisen. Leiter des Au- enservice ist Michael Markowski, dem Zusatzjobber und ehrenamtliche Hel- fer bei dieser Aufgabe zur Seite stehen. Sponsoren gesucht Eine bittere Pille für den Nabu, der bei dieser Arbeit auf Sponsoren angewie- sen ist: Die Förderung durch die Flug- hafenstiftung, die den Auenservice drei Jahre lang finanziert hat, ist nun weg- gefallen. „Wir sind an die Kommunen, die am Rhein liegen, zwecks Unterstüt- zung herangetreten und warten jetzt auf eine Antwort“, hofft Egeling darauf, andere Quellen zu erschließen. Neben dem Auenservice bemühen sich die Naturschützer aber auch durch Ufer- Renaturierungen um mehr Naturnähe am Rhein. Doch werden laut Egeling immer noch zu viele Projekte wie Aus- sichtsplätze, Parkflächen und Erho- lungseinrichtungen umgesetzt, die zu erheblichen Eingriffen führen. Unter- dessen neigt sich der Tag dem Ende zu. Neben dem Gefühl, wieder mal richtig aufgetankt zu haben, sind auch unsere Sinne geschärft für diesen wertvollen aber bedrohten Lebensraum, den es in seiner ganzen faszinierenden Vielfalt zu erhalten gilt. n Das Nabu-Naturschutzzentrum Rheinau- en in Bingen-Gaulsheim besteht seit 1982 und wurde von ehrenamtlichen Mitarbei- tern der Nabu-Gruppe Bingen und Umge- bung aufgebaut. Aufgabenschwerpunkte sind Öffentlichkeitsarbeit, Umweltbildung, Konzepte und projekte für „Mensch und Natur“, Arten- und Biotopschutz sowie Integrative Landschaftsentwicklung. Das Zentrum ist eine Einrichtung des Nabu Rheinland-pfalz und grenzt unmittelbar an das Naturschutzgebiet „Fulder Aue – Ilmen Aue“, ein Schutzgebiet von internationaler Bedeutung. Es verfügt über ein 200 Quad- ratmeter großes Infozentrum. Zudem hat der Nabu ein umfangreiches programm mit zahlreichen Veranstaltungen für Fami- lien, Schulklassen und Kindergärten sowie speziellen Aktivitäten zu Kindergeburtsta- gen. Im Winter stehen zudem Schiffsex- kursionen entlang des Europareservates Rheinauen auf dem plan. Telefon: 06721 14367 kontakt@nabu-rheinauen.de www.nabu-rheinauen.de Stichwort Idyllische Rheininseln Einzigartige Ti er- und P f lanzenwelt Text: Maria Buchwald Fotos: NABU, Gj Laubfrosch Nachtigall / Foto: Tom Dove SERIESERIE